Quantensprung in der Dreh-Fräsbearbeitung: Walter Meier für Karl Anliker
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Die Karl Anliker AG investiert erstmals in das flexible Dreh-Fräszentrum Nakamura-Tome WY-150 von Walter Meier. Dieses hochautomatisierte Zentrum steigert mit Stangenlader und Gantry-Roboter die Produktivität und Flexibilität erheblich.
Die Karl Anliker AG hat erstmalig in eine Nakamura-Tome investiert, ein hochflexibles und vollautomatisches Dreh-Fräszentrum. Das Beste: Die Nakamura-Tome WY-150, ausgestattet mit Stangenlader sowie Gantry-Roboter, ist eine Standardlösung von Nakamura-Tome. Sie gewährleistet Karl Anliker AG eine hohe Flexibilität sowie Produktivität. Ob ab Stange oder per Futterteil, kann von der Einzelteilfertigung bis zur Grossserie ein breites Bauteilspektrum bedienerarm gefertigt werden.
Max Dürrenmatt führt die Karl Anliker AG seit 2011. 16 Mitarbeitende sorgen für die termingerechte und perfekte Herstellung von Verzahnungen (Modul 0,1 bis 3 mm) und Dreh-Frästeilen. Zur Anwendung kommen faktisch alle Werkstoffe ausser Titan. Erstmalig investierte das Unternehmen in eine Nakamura-Tome WY-150, die in der Schweiz vom Systemlieferanten Walter Meier (Fertigungslösungen) AG vertrieben wird.
Für die Drehfräskomponenten sind acht Langdrehautomaten und drei Kurzdreher im Einsatz. Für Verzahnungen verfügt die Karl Anliker AG über 30 Abwälzfräsmaschinen. Die Seriengrössen im Verzahnen liegen bei 10000 bis 500000 Teilen, auf Wunsch werden auch Kleinserien produziert. Die Zahnradkomponenten finden in verschiedenen Branchen Anwendung, von der Uhrenindustrie über Kamerasysteme bis hin zur Energietechnik und zu Elektrokomponenten.
Neue Anfrage – neue Fertigungslösung gesucht
2023 erhielt die Karl Anliker AG eine Anfrage für ein Wellenteil mit einer Länge von 375 mm, so Max Dürrenmatt: «Für ein solch langes Bauteil hatten wir bis dato kein passendes Drehzentrum in unserem Maschinenpark. Um den Auftrag zu erhalten, mussten wir in ein passendes Drehzentrum investieren. Bei neuen Maschinen investieren wir stets mit Blick auf Flexibilität, um sie in unser bestehendes Fertigungsspektrum zu integrieren. Denn eine Maschine sollte vielseitig einsetzbar sein, um die Auslastung zu maximieren.»
Flexibilität im Fokus
Das Thema Flexibilität zog sich durch das gesamte Gespräch, als der SMM gemeinsam mit Mathias Zavratnik (Verkaufsleiter Deutschschweiz, Walter Meier (Fertigungslösungen) AG) vor Ort bei der Karl Anliker AG war. Max Dürrenmatt: «Flexibilität steht für uns als Zulieferer immer im Vordergrund. Das liegt daran, dass wir oft nicht wissen, welche Anfragen wir morgen bekommen. Eine unserer Stärken ist es, Kundenanfragen, wenn immer möglich, in kürzester Zeit umzusetzen. Wir versuchen, reaktionsschnell zu agieren und einen zeitnahen Liefertermin zu ermöglichen. Um das zu erreichen, müssen wir immer wieder freie Kapazitäten in unserer Produktion schaffen. Meistens bedeutet das, dass wir laufende Produktionen, die nicht termingebunden sind, unterbrechen.»
Neuer Auftrag – die Vorgehensweise
Max Dürrenmatt: «Im Verzahnen sind immer Maschinen verfügbar, das muss auch so sein, weil hier meist lang laufende Grossserien gefertigt werden. Anders ist die Situation im Drehbereich, dort sind praktisch alle Maschinen belegt. Das heisst, wenn ich morgens mit einer Zeichnung, Losgrösse und einem Liefertermin einer Dreh-Fräskomponente in die Produktion komme, dann wissen unsere Mitarbeitenden, was zu tun ist. Sie evaluieren den aktuellen Stand unserer Produktion und machen entsprechende Kapazitäten auf einem der Drehzentren frei, das auf die Komponente zugeschnitten ist. Dieser Prozess ist eingespielt und verläuft relativ schnell und reibungslos. Die Werkzeugmaschine wird durch unser Fachpersonal auf das neue Teilespektrum umgerüstet, dann geht’s los.»
Mitarbeitende: konstruktiv, lösungsorientiert und motiviert
Max Dürrenmatt: «Das genau ist die oben erwähnte Flexibilität. Trotz unserer Auslastung schaffen wir es, Neuaufträge in die laufende Produktion zu integrieren. An dieser Stelle muss ich meine Mitarbeitenden loben, die hochgradig konstruktiv, lösungsorientiert und motiviert mit der Situation umgehen. Für diese Art unserer Fertigungsstrategie suchten wir ein neues Bearbeitungszentrum, das unser Fertigungsspektrum erweitert und die Flexibilität sowie Produktivität nochmals erhöht.»
Anspruchsvoller Evaluationsprozess
Zu Beginn des Evaluationsprozesses wurden sieben Drehzentren einer ersten Analyse unterzogen; drei davon, alles japanische WZM, kamen schliesslich in die engere Auswahl. Max Dürrenmatt: «Von den drei japanischen Herstellern hob sich die Nakamura-Tome besonders ab, da sie über ein Komplettpaket bezüglich Handling und Automation verfügte, das perfekt auf unser Fertigungsspektrum zugeschnitten war und dazu noch eine Standardlösung darstellte.»
Mathias Zavratnik: «Der Hinweis von Max Dürrenmatt, dass es sich um eine standardisierte Ausführung einer vollautomatisierten Fertigungszelle handelt, ist sehr wichtig und hat seine Berechtigung. Viele der Nakamura-Kunden sind Zulieferunternehmen, die genau die gleichen Herausforderungen haben wie die Karl Anliker AG. Dies ist letztlich der Grund, warum Nakamura eine voll integrierte Automationslösung entwickelt hat, die sie als Standardlösung anbieten. Hinzu kommt, dass die Fertigungszelle so konzipiert ist, dass die Umrüstung der Maschine – von einem Teilespektrum auf das nächste – mit relativ wenig Aufwand verbunden und benutzerfreundlich ist, einschliesslich der Programmierung des Teilehandlings.»
Emanuel Reist (Maschinenoperator, Karl Anliker AG): «Das Gesamtkonzept der Dreh-Fräszelle ist aus fertigungstechnischer Sicht ein Quantensprung. Mit zwei Spindeln und zwei Revolvern ermöglicht die Fanuc-Steuerung kollaboratives Fertigen. Wir können beispielsweise mit zwei Revolvern gleichzeitig schruppen oder mit einem Revolver schruppen und mit dem zweiten zeitgleich schlichten. Oder aber auf der ersten Spindel die Vorderseiten- und auf der Gegenspindel die Rückseitenbearbeitung parallel durchführen. Die fertigungstechnischen Möglichkeiten und die sich daraus ergebende Produktivitätsdichte der Nakamura-Tome WY-150 sind, wenn ich das so nennen darf, enorm. Das hatten wir in dieser Art bisher nicht. Hinzu kommt das vollumfängliche Handling von Roh- und Fertigteilen ab Stange oder Futterteil, das eine mannlose Bedienung ermöglicht. Die Nakamura-Tome WY-150 ist hochgradig flexibel und autonom, in dieser Art ist sie ein absolutes Novum in unserer Produktion.»
Palettenplätze und Automation
Apropos mannlose Fertigung: Bei der Automationslösung handelt es sich, wie eingangs erwähnt, um eine Standard-Automation. Mathias Zavratnik: «Nakamura- Tome bietet für dieses Dreh-Fräszentrum verschiedene standardisierte Automationslösungen an. Für das Fertigungsspektrum der Karl Anliker AG hat sich der Gantry-Roboter mit integriertem Be- und Entlademagazin angeboten. Gegenüber einer externen Roboterbeladung ist der Gantry-Roboter extrem schnell. Zum einen kann er auf der Gegenspindel bereits entladen, während auf der Hauptspindel noch bearbeitet wird. Zum anderen muss die Tür während der Be- und Entladung nicht geöffnet werden. Damit reduzieren sich die Nebenzeiten bezüglich des Werkstückhandlings erheblich im Vergleich zu einem externen Roboter. Auch die Werkstückpalettierung ist ein integraler Bestandteil in der Fertigungszelle. Das integrierte Förderband, auf dem die fertigen Teile entladen werden, ist so konzipiert, dass die Bauteile nicht aneinanderstossen können, wodurch Beschädigungen ausgeschlossen werden.»
Emanuel Reist: «Wie ich bereits sagte, die Automationslösung ist perfekt auf unser Teilespektrum zugeschnitten. Wir können enorm flexibel und bedienerarm fertigen, aktuell sogar bis zu 14 unbediente Stunden. Als zusätzlichen Vorteil dieser Lösung, gegenüber einer externen Roboterbeladung, könnte man evtl. noch erwähnen, dass der Gantry-Roboter inkl. Be- und Entlademagazin komplett in die Maschinensteuerung integriert ist und somit die Programmierung und Bedienung der Anlage – für mich als Anwender – massiv vereinfacht.»
Steuerung: Fanuc – CAM- oder Maschinenprogrammierung
Eine Fanuc-Steuerung war Grundvoraussetzung im Rahmen der Evaluation, da alle Drehzentren der Karl Anliker AG aktuell mit Fanuc ausgestattet sind. Emanuel Reist: «Für mich als Maschinenoperator ist eine einheitliche Steuerung entscheidend. Wenn ich von einer Maschine zur anderen wechseln muss, dann muss ich mich nicht in eine andere Steuerung einarbeiten. Nakamura setzt konsequent auf Fanuc-Steuerungen, die mit einer eigenen Bediener-Oberfläche ‹NT smart X› ausgelegt sind.»
Welche Rolle der Maschinenprogrammierung bei komplexeren Drehzellen wie der Nakamura-Tome WY-150 zukünftig eingeräumt wird, ist noch unklar, wie Emanuel Reist sagt: «Bisher waren unsere Drehzentren weniger komplex, meist mit einer Spindel und einem, maximal zwei Revolvern. Da hatten wir bisher nicht das Bedürfnis, ein CAM-System zu nutzen, wir konnten die Bauteile komplett an der Maschine programmieren. Derzeit setzen wir auch auf der Nakamura auf die Maschinenprogrammierung. Aber wenn man sieht, welches fertigungstechnische Potenzial die Nakamura-Tome WY-150 hat, werden wir zukünftig sicher auf ein CAM-System setzen.»
Mathias Zavratnik: «Ob unsere Kunden auf CAM- oder Maschinenprogrammierung setzen, hängt von der Komplexität der Werkstücke ab. Mit der Nakamura-Tome WY-150 können hochkomplexe Komponenten gefertigt werden. Es ist eine Frage der Zeit, wann auf CAM umgestellt wird, spätestens wenn man das Maximum aus der Maschine herausholen will. Aber generell ist die Bediener-Oberfläche ‹NT smart X› sehr komfortabel gestaltet, sodass die aktuellen Komponenten der Karl Anliker AG problemlos per Maschinensteuerung programmiert werden können.»
Aktueller Stand und fertigungstechnische Erfahrungen
Zum Zeitpunkt des SMM-Besuchs war die Nakamura-Tome WY-150 seit fünf Monaten in Betrieb. Emanuel Reist: «Wir haben sie in diesem Zeitraum sechs Mal auf eine neue Serie umgerüstet, aber immer ähnliche Komponenten darauf gefertigt. Das macht für uns Sinn, da wir uns noch in der Einarbeitungsphase befinden und peu à peu unser Know-how aufbauen. Derzeit arbeiten wir nur ab Stange. Demnächst gehen wir einen Schritt weiter, es geht Richtung Komplettbearbeitung von Futterteilen, Be- und Entladen inklusive.»
Aktuell läuft die Nakamura-Tome WY-150, wie oben erwähnt, bis zu 14 Stunden bei einschichtigem Betrieb. Einige der Komponenten, die derzeit auf der Nakamura-Tome WY-150 gefertigt werden, sind aus Nitronik 60. Hierbei handelt es sich um einen hochlegierten Stahl, der den Werkzeugverschleiss beschleunigt. Emanuel Reist: «Infolgedessen sinkt die Schnittigkeit der Werkzeuge relativ schnell und die Schneiddrücke steigen an. Solche Aspekte beeinflussen die Prozesssicherheit. Der Werkzeugverschleiss bestimmt sozusagen die Anzahl der Komponenten, die wir mannlos fertigen können, und damit die maximale Laufzeit. Die Nakamura-Tome WY-150 hat insofern einen positiven Einfluss auf die Laufzeit, da sie den Werkzeugverschleiss reduziert, weil sie sehr steif und stabil ausgelegt ist. Die geforderten Toleranzfelder bei diesen Bauteilen liegen bei 2 Hundertsteln, bei 20 mm Durchmesser. Das hört sich machbar an, ist aber bei diesem Werkstoff alles andere als einfach. Es ist gerade bei Kleinserien immer wieder herausfordernd, die optimalen Werkzeuge und Schnittdaten zu finden und letztlich die Werkzeugstandzeiten richtig einzuschätzen. Wir konnten die Prozesse recht gut einfahren, es läuft schon richtig rund.»
Nakamura-Tome WY-150
CNC-Drehzentrum / 2-Revolver
Diese Maschine wurde zu 100% mit erneuerbarer Energie hergestellt.
Emanuel Reist weiter: «Auch wenn die aktuellen Bauteile bereits gut eingefahren sind, haben wir die Nakamura-Tome WY-150 bisher erst zu etwa 40 bis 50 Prozent ausgereizt, rein fertigungstechnisch gesehen. Das bedeutet, wir tasten uns an die technologischen Möglichkeiten der Maschine heran. Das ist recht herausfordernd, und wir freuen uns darauf, das volle Potenzial der Maschine auszuschöpfen.»
Max Dürrenmatt: «Hier setzen wir auf praxisnahe Schulungen, die Walter Meier (Fertigungslösungen) AG anbietet. Wir haben bereits einige Schulungen durchgeführt, um die Nakamura-Tome WY-150 jedoch voll nutzen zu können, benötigen wir noch Nachschulungen.»
Mathias Zavratnik: «Das ist ein wichtiger Punkt. Wir entwickeln massgeschneiderte Schulungen, die mit einer Basisschulung beginnen. Dann lassen wir die Maschinenbediener mit der Maschine arbeiten. In dieser Phase befinden wir uns aktuell. Die entscheidenden Fragen kommen oft erst dann, wenn die ersten Erfahrungswerte der Maschinenbediener vorliegen und sie sich in die Technologie eingearbeitet haben: Hier kommen unsere Anwendungstechniker nochmals zum Zug, um die Fertigungsoperationen zu vertiefen. Dann wird es wirklich spannend, weil man auf einem viel höheren technologischen Niveau unterwegs ist und nochmals erhebliche Fertigungsoptimierungen erreichen kann. In einem Jahr sollten sie die Fertigungsmöglichkeiten der Nakamura-Tome WY-150 schon zu 80 bis 100 Prozent ausgereizt haben.»
Service lief bisher problemlos
Emanuel Reist: «Wir haben den Service erst zweimal in Anspruch genommen. Beides Mal lief es vorbildlich. Einmal gab es seitens der Programmierung ein Problem. Die Maschine stoppte nach drei gefertigten Teilen. Wir wussten nicht warum und riefen die Hotline an. Dort erhielten wir einen Onlineservice. Die Maschine verfügt über vier Werkstückzähler. Ich dachte, es wären drei. Mit einem arbeitete ich, zwei waren ausgeschaltet. Vom vierten wusste ich nichts, der war auch eingeschaltet und nach drei Werkstücken stoppte er die Maschine. Also machte die Maschine alles richtig. Unseren kleinen Bedienfehler konnte der Service entsprechend schnell gemeinsam mit uns beheben.»
Mathias Zavratnik: «Dass sich die Nakamura-Tome WY-150 bisher derart gut in die Fertigungsprozesse integriert hat, ist sehr erfreulich. Ich muss als Berater und Maschinenlieferant beurteilen können, welches Maschinenkonzept auf das Bauteilspektrum und das Unternehmen zugeschnitten ist. Einfach ist das nicht, vor allem bei Zulieferunternehmen, die eine hohe Anzahl unterschiedlicher Komponenten und Werkstoffe haben, die sie fertigen müssen. Jedes Bauteil, jeder Werkstoff verhält sich anders. Da ist es zum Teil unmöglich vorherzusagen, wie der Zerspanungsprozess ideal ausgelegt werden kann. Da muss man sich an jedes einzelne Bauteil herantasten. Wir verfügen über ein breites Wissen bei Walter Meier (Fertigungslösungen) AG, das in Verbindung mit dem Know-how unserer Kunden in der Regel zu sehr guten technologischen und wirtschaftlichen Fertigungslösungen führt. Ich denke, in diesem Fall hat das ausgezeichnet gematcht.»
Kompetente Zusammenarbeit
Abschliessend sagt Max Dürrenmatt zur jüngsten Investition: «Da es unsere erste Nakamura-Tome war, konnte ich nicht auf unsere eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Entsprechend habe ich mich im Vorfeld umgehört. Sehr wichtig für mich war der Besuch bei einem Fertigungsunternehmen, das auf das gleiche Maschinenkonzept für die Fertigung von Wellen- und Flanschteilen setzt und recht zufrieden mit der Lösung war. Aus heutiger Sicht würden wir sicher genau gleich handeln. Die Nakamura-Tome WY-150 erweitert unsere Fertigungsmöglichkeiten und erhöht unsere Flexibilität. Noch dazu passt sie ausgezeichnet in unsere gesamte Fertigungsumgebung. Mathias Zavratnik darf ich, stellvertretend für die Walter Meier (Fertigungslösungen) AG, für die ausgezeichnete Kompetenz loben, die wir im Rahmen dieser erstmaligen Zusammenarbeit erfahren durften.»
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